Walter Jens, einer der Grossintellektuellen der alten, westdeutschen Bundesrepublik, hat 1979 ein Buch herausgegeben. Der Sammelband bestand aus Beitragen von Theologieprofessoren, Prominenten, Schriftstellern - von Dorothee Solle uber Karl Rahner bis zu Hans Kung. Damals, vor rund einem halben Jahrhundert und ein Jahrzehnt nach dem Epoche-Jahr 1968, waren die grossen Kirchen in der offentlichen Meinung in Deutschland relativ angesehen. Massive Austrittswellen gab es noch nicht. Die Lage hat sich heute, im dritten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts, vollig geandert. Die selbst verursachte Krise der Kirchen geht tiefer denn je. Die grossartige, ja Geschichts-wendende Kraft tausender Christinnen und Christen, der Macher der gewaltfreien Revolution gegen das SED-Regine in der DDR im Herbst 1989, scheint weithin vergessen. Aufgrund der tausende Falle von sexueller Gewalt durch Geistliche vornehmlich im Westen Deutschlands und der oftmals zogerlichen, auf das Image der jeweiligen Amtskirche fixierten und insgesamt mangelbehafteten Aufarbeitung furchtbarer Verbrechen an Wehrlosen, Kindern und Jugendlichen sowie Schutzbefohlenen unter dem Dach der Amtskirchen ist ihr offentliches Ansehen im Keller. Schlimmer geht's nimmer? Im Jahr 2024 sind mehr als 400 000 Katholikinnen und Katholiken aus ihrer Kirche ausgetreten. Der evangelischen Kirche sagten weit uber 300 000 Menschen durch Austritt adieu. Nur mehr etwa die Halfte der Deutschen kann bei seriosen Umfragen dem Christentum etwas abgewinnen. Fur die institutionellen Immer-Noch-Grosskirchen racht es sich, dass sie die Taufe als die von praktisch allen Kirchen der Welt hochgeschatzte Zeichenhandlung des Eintritts und der Zugehorigkeit entwerten. Wie? Durch ihr Staats-verbundenes Kirchensteuer-Regiment. Wer Christ sei, bestimmt in Deutschland - wie auch der Schweiz und Osterreich - die Zahlung des "Vereinsbeitrags" Kirchensteuer. Nicht wer in der Glaubensgemeinschaft lebt, ist Mitglied, sondern - unter den Erwachsenen -, wer die Kirchensteuer zahlt. Und die treibt das Finanzamt ein. Eine seltsame Verirrung einer Religion, deren Grunder Jesus von Nazareth Obrigkeits-kritisch war und als Staatsfeind hingerichtet wurde. Dieses Buch setzt in seinen vielen Beitragen einen nachdenklichen, offentlichen Einspruch wider die Schussfahrt bergab der Kirchen. Evangelische und katholische Christinnen und Christen berichten, weshalb sie Christen sind und wofur sie sich als Christinnen und Christen einsetzen. Dies ist kostbar und wertvoll. Es sind personliche Texte, in denen es um den "heissen Kern" des Christentums geht. Viel mehr als um viele notige Reformen und Bewaltigungs-Strategien. Deshalb haben wir bei der Auswahl der Frauen und Manner auf Verantwortungstrager in den leitenden/leidenden geistlichen Amtern verzichtet. Ebenso auf akademische Fachtheologinnen und -Theologen. Auch auf Reformfunktionarinnen und -Funktionare. Herausgekommen ist ein Mix von Menschen der Hoffnung: Junge und Alte, Frauen und Manner, Ostdeutsche und Westdeutsche, wobei die Ostdeutschen ein wenig starker vertreten sind, denn die Lage des Christentums ist bei ihnen fortgeschrittener als im Westen. Die Autorinnen und Autoren sind allesamt keine gestrigen Christen; keine schlauen Verteidiger des Vergangenen; keine Konservativen.
Product Details
GER-WARUM HEUTE CHRIST-IN SEIN
Format: Hardcover
Pages: 200
Product Weight: 1.99 lbs
Editor: Seiterich, Thomas
Editor: Zoll, Elisabeth
Publication Date: 2025-03-18
Language: German
Publisher: HIRZEL VERLAG
Number of Units in Package: 1
ISBN: 9783777635767